Das musst du wissen

  • Verschiedene Hochschulen und Universitäten in der Schweiz sind Mitglied des Solidaritätsnetzwerks Scholars at risk.
  • Aufenthaltsgenehmigungen für bedrohte Forschende zu erhalten ist jedoch schwierig und zeitaufwändig.
  • Ob Schweizer Institutionen Flüchtlinge aufnehmen werden, lässt sich zurzeit noch nicht sagen.

«Die Ereignisse in Afghanistan geben Anlass zu der Befürchtung, dass auch die Forschenden vor Ort mit dramatischen Folgen rechnen müssen. Es gibt jedoch Möglichkeiten, sie zu unterstützen.» So appelliert der Schweizerische Nationalfonds (SNF) auf seiner Website an die Universitäten und Fachhochschulen.

Warum dies wichtig ist. Die Hilfsgesuche der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Afghanistan stiegen seit der Machtergreifung der Taliban explosionsartig an. Diese werden hauptsächlich an Scholars at Risk gerichtet. Dieses internationale Netzwerk hat ihren Sitz in den Vereinigten Staaten und umfasst weltweit mehr als fünfhundert Hochschulen. Ihr Ziel: Gefährdeten Forschenden Unterstützung zu geben und die akademische Freiheit zu schützen.

Seit 2020 beteiligt sich der SNF an dieser Solidaritätsgruppe. Er ermöglicht es den Universitäten und Fachhochschulen der Schweiz, finanzielle Unterstützung zu beantragen, wenn sie Forschenden Asyl gewähren. Schon vorher konnten die Universitäten zwar bedrohte Personen aufnehmen. Die Finanzierung musste jedoch über verschiedene Mechanismen und Fonds erfolgen, beispielsweise auch über Exzellenz-Stipendien.

Als Mitglied von Scholars at Risk hat beispielsweise die Universität Genf seit 2008 acht ausländische Forschende in ihren Reihen aufgenommen. Mathieu Crettenand, Delegierter für Integration bei der Universität Genf erläutert:

«Seit 2011 hat die Universität gefährdeten Wissenschaftlern mehrere Arbeitsplätze angeboten, die es ihnen ermöglichen, ihre Tätigkeit in völliger Sicherheit fortzusetzen. Aber es war ihnen nicht immer möglich, in der akademischen Welt zu bestehen, die extrem kompetitiv ist.»

Massive Hindernisse. Es ist keine leichte Aufgabe, bedrohte Forschende aus dem Ausland in die Schweiz zu holen. Denn es ist schwierig, Visa und Genehmigungen zu erhalten und auch die bürokratischen Verfahren sind sehr zeitaufwändig. Zeit, die gefährdete Forschende oft nicht haben.

Damit ihr Antrag von Scholars at Risk bearbeitet werden kann, führt die Organisation eine sogenannte Risikobewertung durch: Jede Person füllt online eine Erklärung aus, die von den Mitgliedern des Netzwerkes geprüft wird. Mit der Zulassung eines Antrags auf Unterstützung werden die nächsten Schritte eingeleitet. Die Universitäten, die Mitglieder von Scholars at Risk sind, können dann – je nach ihren Möglichkeiten – den Forschenden eine Stelle anbieten.  Und zwar nicht als Flüchtlinge, sondern als wissenschaftliche Mitarbeitende.

In Genf weist Mathieu Crettenand auf die Schwierigkeiten hin, die diesen Prozess behindern:

«An der Universität Genf haben wir die Kapazität, zwei Personen pro Jahr aufnehmen zu können. Um dies zu ermöglichen arbeitet die Universität mit dem SNF, aber auch mit dem Staatssekretariat für Migration (SEM) zusammen. Es bleibt aber nach wie vor schwierig. Die finanziellen Fragen und auch die Aufenthaltsgenehmigung für die Familie des Wissenschaftlers oder der Wissenschaftlerin stellen grosse Herausforderungen dar.»

Können wir afghanischen Forscherinnen und Forschern helfen? Jetzt wo Bilder von Taliban, die Kabul kontrollieren, ständig im Umlauf sind, beschäftigt die Aufnahme von afghanischen Flüchtlingen die Politiker in ganz Europa.

Mathieu Crettenand seinerseits ist zurückhaltend:

«Es ist noch zu früh, um definitiv zu sagen, ob die Universität Genf oder andere Schweizer Institutionen gefährdete Forschende aus Afghanistan aufnehmen werden oder nicht. Im Moment gibt es noch zu viele Unbekannte. Im Rahmen des Netzwerks Scholars at Risk sind wir daran, die Möglichkeiten für eine Aufnahme auszuloten.

Sicherlich kann die Hilfe, die das Netzwerk bietet, auch auf Forschende in Afghanistan angewendet werden. Wir machen uns Sorgen um ihre Sicherheit, aber auch um die akademische Freiheit und darum, dass gewisse Disziplinen von den Universitäten verbannt werden könnten.»

Dieser Beitrag wurde erstmals auf Heidi.news veröffentlicht. Er wurde von Corinne Goetschel aus dem Französischen übersetzt.

Heidi.news

Hier gibt es Wissenswertes aus der Westschweiz. Die Beiträge stammen von unserem Partner-Portal Heidi.news, wir haben sie aus dem Französischen übersetzt. Heidi.news ist ein Online-Portal, das im Mai 2019 lanciert wurde und das sich unter anderem auf die Berichterstattung über Wissen und Gesundheit spezialisiert. Die Partnerschaft zwischen Heidi.news und higgs ist durch eine Kooperation mit dem Schweizerischen Nationalfonds SNF entstanden.
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