Das musst du wissen

  • Vergangenes Jahr blieb die Grippewelle aufgrund der Corona-Massnahmen beinahe aus.
  • Fachleute befürchten diesen Winter wieder eine schwerere Grippewelle.
  • Das BAG empfiehlt die Grippeimpfung – doch deren Wirksamkeit ist dieses Jahr fraglich.

Wir hatten sie schon fast vergessen, aber die Grippe ist nicht verschwunden. Sie hat sich im vergangenen Winter nur sehr diskret verhalten. Wie steht es um die anstehende Saison? Fachleute erwarten eine schwerere Grippewelle als im letzten Jahr. Um die Entwicklung der Krankheit zu verfolgen, veröffentlicht das Bundesamt für Gesundheit BAG während der Grippesaison, die am 13. Oktober beginnt, wöchentlich einen Bericht.

Warum es wichtig ist, die Grippe zu überwachen. Nach Angaben von Infovac, der Informationsplattform für Impfungen, verursacht die Grippe jährlich zwischen 100 000 und 300 000 Arztbesuche, zwischen 1000 und 5000 Krankenhausaufenthalte und durchschnittlich 400 Todesfälle im Land. Die Saison 2020-2021 steht in krassem Gegensatz zu den Vorjahren, da die Influenzaviren weniger zirkulierten. Zudem funktionierte das Überwachungssystem Sentinella des BAG nicht, stattdessen wurde die Covid-Epidemie überwacht. Jetzt wurde die Influenzaüberwachung verbessert. Die Impfkampagne soll Mitte Oktober mit einem Impfstoff beginnen, dessen Entwicklung sich als schwierig erwiesen hat.

Die Situation Mitte Oktober. Seit dem 13. Oktober informiert das BAG im Rahmen des Sentinella-Systems wöchentlich über die Entwicklung der Grippekonsultationen in den Arztpraxen. Dieses Programm besteht seit 1986 und ermöglicht es, «den Beginn der jährlichen Grippeepidemie rechtzeitig zu erkennen und ihre Entwicklung zu verfolgen», wie das Kollektiv der beteiligten Ärztinnen und Ärzte betont. Die Überwachung erfolgt auch über das System der Meldepflicht für Laboratorien. Letztere übermitteln dem BAG die positiven Ergebnisse von Influenzaviren, die in Proben von Patienten nachgewiesen wurden.

Für den Zeitraum zwischen dem 2. und dem 8. Oktober stellte das BAG fest:

«Die Ärzte im Sentinella-Meldesystem meldeten vier Fälle von grippeähnlichen Erkrankungen pro 1000 Konsultationen.»

Hochgerechnet auf die Gesamtbevölkerung entspricht dies einer Inzidenz von 25 Konsultationen pro 100 000 Einwohner. Im Vergleich zum Jahr vor der Pandemie 2019 bis 2020 ist die Zahl der aktuell erfassten Grippekonsultationen höher. Sie ist jedoch niedriger als im letzten Jahr.

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Was die Demografie betrifft, so fanden am meisten Konsultationen für Kinder unter fünf Jahren statt:

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Die Proben, die an das Nationale Referenzzentrum für Influenzaviren geschickt wurden, waren in Bezug auf Influenzaviren alle negativ.

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Verbesserte Überwachung. Im Jahr 2020 wurde Sentinella neu ausgerichtet, um «die Entwicklung der Covid-19-Epidemie zu beobachten», wie Virginie Masserey, Leiterin der Sektion Infektionskontrolle im BAG, im vergangenen Dezember bestätigte. Das grösste Problem bei einer solchen Umleitung ist, dass das Instrument nicht mehr zwischen Influenza und Covid unterscheiden kann. Das erklärt zum Teil den Anstieg der registrierten Influenza-Konsultationen. Da die Symptome der beiden Krankheiten ähnlich sind, werden einige Patienten mit Verdacht auf Grippe und Covid-19 doppelt gezählt. Das BAG ist sich dieses Problems bewusst und hat sein Instrument für die neue Saison angepasst. Daniel Dauwalder, Sprecher des BAG:

«Das Sentinella-Meldeformular für Verdachtsfälle von Influenza und Covid-19 wurde leicht angepasst, um die beiden Krankheiten besser unterscheiden zu können. Die aktuelle Situation im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie wirkt sich jedoch weiterhin auf die Datenerhebung der Grippesymptome im Rahmen der Sentinella-Überwachung aus. Einerseits sind die Symptome von Influenza und Covid-19 ähnlich. Covid-19-Fälle mit grippeähnlichen Symptomen können daher in die Influenza-Fallstatistik aufgenommen werden. Andererseits verändern die aktuelle Situation, die Untersuchungsempfehlungen des BAG und der verschiedenen kantonalen Organisationen sowie die Covid-19-Impfung das ärztliche Beratungsverhalten der Bevölkerung.»

Auch das verbesserte System ist weiterhin nur begrenzt zuverlässig. Das BAG hat daher im zweiten Jahr in Folge beschlossen, keinen epidemiologischen Schwellenwert festzulegen. Die Warnung vor einer Grippeepidemie wird auf der Grundlage von drei Kriterien ausgesprochen:

  1. Rascher Anstieg der Zahl der Konsultationen wegen Grippesymptomen in den Arztpraxen.
  2. Zunahme des Anteils positiver Influenza-Tests bei entnommenen Nasopharyngealabstrichen.
  3. Zunahme des Nachweises von Influenzaviren durch meldepflichtige Laboratorien.

Grippe-Impfstoffe. Um eine Erkrankung zu vermeiden, empfehlen die Gesundheitsbehörden, sich jeden Herbst gegen Grippe impfen zu lassen. Das Jahr 2021 bildet da keine Ausnahme, und Daniel Dauwalder erklärt, dass diese Impfkampagne «ab Mitte Oktober bis zum Beginn der Grippewelle» durchgeführt werden soll.

Aus Angst vor einer schwereren Grippewelle als im letzten Winter haben die Behörden mehr Grippeimpfstoffe bestellt. Das sind 1,7 Millionen Dosen gegenüber einem Durchschnitt von 1,2 Millionen in den Vorjahren. Die Befürchtung ist, dass die Bevölkerung im Jahr 2020 dem Grippevirus weniger ausgesetzt war und daher weniger immun sein wird.

Die geringe Influenza-Zirkulation hat die Entwicklung dieses jährlichen Impfstoffs schwieriger und komplexer gemacht. Daniel Dauwalder:

«Ja, es war in der Tat eine schwierige Entscheidung in diesem Jahr, weil die Grippeviren in der Welt nicht sehr verbreitet waren.»

Die WHO, die für diese Aufgabe zuständig ist, hat die in diesem Jahr verwendeten Stämme am 26. Februar 2021 vorgestellt:

  • A/Victoria/2570/2019 (H1N1)pdm09
  • A/Cambodia/e0826360/2020 (H3N2)
  • B/Washington/02/2019 (Abstammung B/Victoria)
  • B/Phuket/3073/2013 (Abstammung B/Yamagata)

Bei dieser Entscheidung stand die WHO vor einer kniffligen Aufgabe:

«Zwischen September 2020 und Januar 2021 wurde Influenza weltweit auf einem Rekordtief nachgewiesen. Es standen weniger Viren für die Charakterisierung von Impfstoffen zur Verfügung als in den Vorjahren. So zirkulierten Influenza-A(H1N1)pdm09-, A(H3N2)- und Influenza-B-Viren in sehr geringer Zahl. Insgesamt lag der Prozentsatz positiver Influenzaviren in diesem Zeitraum in allen untersuchten Proben bei weniger als 0,2 Prozent. In den drei vorangegangenen Saisons lag dieser bei 17 Prozent.»

Es besteht das Risiko, dass der gewählte vierwertige Impfstoff weniger wirksam ist oder sogar sein Ziel bei einer von anderen Viren verursachten Grippe verfehlt. Im Allgemeinen verhindert die Grippeimpfung etwa sechzig Prozent der Infektionen bei gesunden Erwachsenen zwischen 18 und 64 Jahren.

In der Schweiz variieren die Empfehlungen für die Grippeimpfung nicht und stehen auf der Website des BAG zur saisonalen Grippe. Am 5. November findet ausserdem ein nationaler Impftag statt.

Dieser Beitrag wurde erstmals auf Heidi.news veröffentlicht. Er wurde von Corinne Goetschel aus dem Französischen übersetzt.

Heidi.news

Hier gibt es Wissenswertes aus der Westschweiz. Die Beiträge stammen von unserem Partner-Portal Heidi.news, wir haben sie aus dem Französischen übersetzt. Heidi.news ist ein Online-Portal, das im Mai 2019 lanciert wurde und das sich unter anderem auf die Berichterstattung über Wissen und Gesundheit spezialisiert. Die Partnerschaft zwischen Heidi.news und higgs ist durch eine Kooperation mit dem Schweizerischen Nationalfonds SNF entstanden.
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