Das musst du wissen

  • Viele Krebsarten sind im Blut nachweisbar, oft auch wenn noch keine Symptome aufgetreten sind.
  • Ebenfalls kann mit Bluttests meist bestimmt werden, wo ein Krebstumor wächst.
  • Solche Bluttests könnten deshalb bei der Vorsorgeuntersuchung eingesetzt werden.

Je älter man wird, desto öfter blitzt die Angst auf. Die Angst, an Krebs zu erkranken. Je früher der Krebs erkannt wird, desto besser. Ein simpler Bluttest könnte das in Zukunft erleichtern: So könnte Krebs diagnostiziert werden, bevor überhaupt Symptome auftreten. Auch, wo im Körper ein Tumor wächst, verrät der Test in vielen Fällen, wie Krebsforschende in einer neuen Studie schreiben. Sie wurde im Fachmagazin Annals of Oncology veröffentlicht.

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«Das ist eine bahnbrechende Studie und ein erster Schritt zur Entwicklung einfach durchführbarer Screening-Methoden. Eine frühere Erkennung von mehr als 50 Prozent der Krebsarten könnte jedes Jahr weltweit Millionen von Leben retten und die durch aggressive Behandlungen hervorgerufene Schwäche drastisch reduzieren», schrieb Professor Fabrice André, Chefredakteur der Fachzeitschrift und Forschungsleiter am Institut Gustave Roussy in Villejuif, Frankreich, in einer Medienmitteilung.

Science-Check ✓

Studie: Sensitive and specific multi-cancer detection and localization using methylation signatures in cell-free DNAKommentarDies ist ein Kommentar der Autorin / des AutorsDie Studie stützt sich auf Blutproben von 6689 Probanden. Es sind alle Krebspatienten vorgängig diagnostiziert worden, entweder weil sie Symptome aufwiesen oder durch eine präventive Untersuchung. Ob auch Krebsarten, die in dieser Studie erst in einem fortgeschrittenen Stadium detektiert worden sind, theoretisch früher erkennbar wären, müssen weitere Studien zeigen. Bei der Lokalisierung des Tumors sind Ungenauigkeiten aufgetreten, wenn der Krebs durch Humane Papillomaviren (HPV) vorangetrieben wird, wie Gebärmutterhals-, Anus-, oder Kopf- und Halskrebs. Auch andere Studien kamen zum Schluss, dass viele Krebsarten durch einen Bluttest zu entdecken sind. Mehr Infos zu dieser Studie...

Auch in der Schweiz ist das Thema Krebs präsent: Es ist die zweithäufigste Todesursache und für rund einen Viertel der Todesfälle hierzulande verantwortlich. Ein Bluttest könnte helfen, mehrere Dutzend verschiedene Krebsarten bereits in einem frühen Stadium zu entdecken.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nutzten hierfür maschinelles Lernen. Sie trainierten ein Computerprogramm so, dass es Blutproben später automatisch auf über 50 verschiedene Krebsarten analysieren konnte. Sie unterteilten dazu die Blutproben von insgesamt 6689 Nordamerikanern in ein Trainings- und ein Auswertungsset. Zwei Grössen haben die Forschenden zur Beurteilung des Verfahrens erhoben: Einerseits die Sensitivität, sprich die Wahrscheinlichkeit, einen Krebspatienten korrekt als solchen zu erkennen und andererseits die Spezifität, also die Wahrscheinlichkeit, einen Krebsnegativen korrekt als solchen zu identifizieren.

Der Algorithmus zeigte eine beachtliche Leistung: Für die zwölf Krebsarten, die in den USA die meisten Todesopfer fordern, lag die Wahrscheinlichkeit ihrer Entdeckung, wenn sie in einem der ersten drei Stadien waren, gemittelt bei 67,3 Prozent. Je weiter die Krebserkrankung fortgeschritten war, desto zuverlässiger wurde sie vom Programm entdeckt. Mehr noch: Bei über 90 Prozent der Proben konnte das Computerprogramm richtig bestimmen, in welchem Gewebe der Tumor wächst.

Gesunde Patienten wurden mit einer Wahrscheinlichkeit von 99,3 Prozent richtigerweise negativ getestet. Das bedeutet, der Algorithmus hat nur 0,7 Prozent der Probanden fälschlicherweise als positiv eingestuft.

Das ist eine vergleichsweise geringe Rate. Bei vorsorglichen Brustkrebs-Screenings liegt diese Rate bei rund 10 Prozent.

Je früher Krebs erkannt wird, desto grösser ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Therapie erfolgreich ist. Bis anhin gibt es Vorsorgeuntersuchungen nur für wenige bestimmte Krebsarten. Deswegen werden die meisten Diagnosen heute erst gestellt, nachdem die Symptome auftreten. Die neue Methode kann über 50 unterschiedliche Arten von Krebs entdecken, oft noch bevor Symptome überhaupt bemerkt werden.

Wie funktioniert der Test? Er analysiert die DNA, welche Tumore in den Blutkreislauf abgeben, sogenannt zellfreie DNA. Nun produzieren allerdings auch andere Zellen solche DNA, weswegen sie kein eindeutiges Zeichen für Krebs sind. Der Test umgeht dieses Problem, in dem er eine chemische Veränderung der DNA-Bausteine, die sogenannte Methylierung, untersucht. Die Methylierung kontrolliert im Normalfall, welche genetischen Informationen aktiv sind und zum Ausdruck kommen. Ungewöhnliche Methylierungsmuster sind für das Tumorwachstum mitverantwortlich. Sie können in der zellfreien DNA festgestellt werden und helfen, Krebs zu entdecken und zu lokalisieren.

Allen McCrodden

Aus der zellfreien DNA kann abgeleitet werden, ob und wo ein Mensch einen Krebstumor hat: Bei Krebspatienten (unten) ist ein grösserer Teil dieses Erbguts methyliert (rot), als bei gesunden Menschen (oben).

Solche Bluttests könnten laut Autoren eingesetzt werden, um vorsorgliche Untersuchungen für zahlreiche Krebsarten in der breiten Bevölkerung durchzuführen. Auf dem Bluttest liegt die Hoffnung, so unzählige Leben zu retten.

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