Das musst du wissen

  • Schmerz und Angst können sozial übertragen werden, nicht nur bei Menschen, sondern auch bei Mäusen.
  • Zu verstehen, wie das funktioniert, könnte helfen, neue Therapien für neuropsychische Störungen zu finden.
  • Forschende haben nun herausgefunden, welche Hirnregionen für die soziale Übertragung verantwortlich sind.
Den Text vorlesen lassen:

Sehen wir jemanden vor Furcht zittern, läuft bald auch uns der kalte Schauer über den Rücken. Das geht nicht nur uns so, sondern auch anderen Tieren. Dies bestätigten jüngst Experimente mit Mäusen. Die Forschenden wollten über die Versuche herausfinden, welche Hirnregionen während dieser sozialen Übertragung, die eine Form von Empathie ist, aktiv sind. Die Ergebnisse haben sie im Fachmagazin Science veröffentlicht.

Science-Check ✓

Studie: Anterior cingulate inputs to nucleus accumbens
control the social transfer of pain and analgesia
KommentarDies ist ein Kommentar der Autorin / des AutorsEs handelt sich um Experimente an Mäusen. Die Ergebnisse können also nicht eins zu eins auf den Menschen übertragen werden, geben aber Hinweise, wie die Übertragung von Schmerz und Angst im Gehirn funktionieren könnte.Mehr Infos zu dieser Studie...

Genauer untersuchten die Forschenden der Stanford Universität, wie Empathie im Hirn entsteht. Empathie bedeutet, dass wir die Gefühle anderer wahrnehmen und teilen. Sie reguliert, wie wir miteinander umgehen, ist nötig, um gemeinsam ein Ziel zu verfolgen und liefert die Basis für moralische Entscheide. Wie Empathie aber im Hirn genau erzeugt wird, ist nicht bekannt.

Um das herauszufinden, inszenierten die Wissenschaftler einstündige soziale Interaktionen zwischen je zwei Mäusen. Die eine Maus guckte nur zu und beobachtete die andere Maus. Diese, die zweite Maus, versetzten die Forschenden in drei verschiedene Zustände. Im ersten Fall gaben sie der Maus eine Spritze, die Arthritis-ähnliche Schmerzen auslöste. Im zweiten Fall behandelten die Forschenden die schmerzgeplagte Maus mit einem Schmerzmittel. Im dritten Fall wurde in der Maus ein Schock ausgelöst und diese erstarrte vor Angst.

Für die erste – unversehrte – Maus war das Zusammentreffen keinesfalls entspannend. Litt der Artgenosse unter Schmerzen, stellte sich auch bei ihre eine Schmerzüberempfindlichkeit ein. Bekam der Artgenosse ein Schmerzmittel, entspannte sich auch die Maus, die nie Schmerzen hatte. Und war der Kumpane verängstigt, erstarrte auch die Maus, die nicht erschreckt wurde. All diese Reaktionen der zuschauenden Maus hielten für vier Stunden an.

Die Forschenden fanden über bildgebende Verfahren zudem heraus, dass der sogenannte anteriore cinguläre Cortex, ein Bereich der Grosshirnrinde, in diesem Prozess der sozialen Übertragung aktiv war. Von dort wurden im Falle des Schmerzes Signale in den Nucleus Accumbens gesandt. Handelte es sich um Angst, gingen die Signale an die Amygdala, einem paarigen Kerngebiet des Gehirns. Dem Laien sagt dies erst mal wenig. Diese Forschung hat aber zum Ziel, die Entstehung von sozialer Angst und sozialem Schmerz zu verstehen und so neue Therapiemöglichkeiten für neuropsychologische Erkrankungen zu finden.

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Wie aber konnten die Forschenden sicher sein, dass die zuschauende Maus nicht einfach das Verhalten der versehrten Maus imitierte, ohne «echte» Empathie zu spüren? Indem sie den Mäusen den Sichtkontakt versperrten. Die unversehrte Maus zeigte Reaktionen auch, wenn sie zum Beispiel im gleichen Streu lag, wie die schmerz- oder angstgeplagte Maus vor ihr. Allein der Geruch der gepeinigten Maus reichte also aus, um sie mit Schmerz oder Angst anzustecken.

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