Das musst du wissen

  • Forschung zeigt, dass sich nur sehr wenige Menschen primär auf unzuverlässige Informationsquellen stützen.
  • Genau diese Personen gilt es in der Praxis aber zu erreichen, damit sie qualitativ hochwertigere Medien nutzen.
  • Einer neuen Studie zufolge scheinen Browser-Hinweise positive Effekte zu haben.
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Wie gelingt es, die Reichweite von Falschinformationen im Internet zu verringern? Diese Frage treibt auch die Forschung um – sie zeigt nun: Browser-Erweiterungen, die Hinweise geben, wie verlässlich eine Nachrichtenquelle ist, scheinen sich nicht für durchschnittliche Internetuser zu eignen, so das Ergebnis einer neuen im Fachmagazin Science Advances erschienenen Studie. So führten die Hinweise bei ihnen nicht dazu, dass sie verlässlichere Quellen aufsuchten. Aber: Ein Effekt zeigte sich bei jenen, die häufig Fehlinformationen konsumieren.

Science-Check ✓

Studie: News credibility labels have limited average effects on news diet quality and fail to reduce misperceptionsKommentarDies ist ein Kommentar der Autorin / des AutorsBei der Studie handelt es sich um ein Feldexperiment, wodurch das untersuchte Nutzerverhalten realistischer ist als jenes in einem Laborexperiment. An sich ist die Stichprobe zwar relativ gross, allerdings ist jene Gruppe, in der sich ein Effekt zeigte, dennoch ziemlich klein. Grössere Studien müssen diesen Befund also erst replizieren. Zudem ist unklar, wie nachhaltig dieser Effekt ist, dieser könnte auch wieder abklingen, sobald sich die Personen an das Siegel gewöhnt haben.Mehr Infos zu dieser Studie...

Zu diesem Schluss kamen Forschende, in dem sie mehr als 3300 Personen in den USA zu ihrem Vertrauen und Glauben in Medien und Falschinformationen befragten. Bei knapp tausend dieser Personen werteten sie zusätzliche anonymisierte Daten aus, wie sie sich im Internet verhalten. Anschliessend ermutigten die Forschenden einen Teil aller Befragten, die Browser-Erweiterung «Newsguard» zu installieren. Dies ist ein Programm, das die Qualität einer Quelle angibt, und zwar anhand verschiedener Schilder: Ein grünes Schild bedeutet, dass die Quelle zuverlässig ist, rot heisst unzuverlässig, grau bezeichnet eine Quelle mit nutzergenerierten Inhalten und ein goldenes Schild steht für Satire. Die Teilnehmenden nutzten dieses Programm für ungefähr drei Wochen, ehe sie erneut befragt wurden – genau wie auch die Kontrollgruppe, bei der sich das Browsing-Verhalten nicht veränderte.

Dabei zeigte sich: Mehr als sechzig Prozent der Befragten konsumierten zuverlässige Medien – ein Resultat, das frühere Studien bestätigt. Und nur gerade eineinhalb Prozent verliessen sich mehrheitlich auf unzuverlässige Quellen, also ein sehr kleiner Teil der Teilnehmenden. Bei einem Grossteil der Teilnehmenden konnten die Forschenden dann auch keinen Effekt von Warnhinweisen feststellen: Bei durchschnittlichen Usern zeigte sich keine Verlagerung von unzuverlässigen hin zu verlässlicheren Quellen. Auch am allgemeinen Vertrauen in die Medien änderte sich nichts.

Gänzlich effektlos waren die Hinweise aber dennoch nicht: Die rund zehn Prozent der Personen, die am häufigsten Falschinformationen konsumierten, sahen sich im Schnitt qualitativ hochwertigere Medien an, wenn sie die Erweiterung nutzten. «Dieser Befund macht Hoffnung darauf, mit Newsguard oder vergleichbaren Nachrichten-Empfehlungs-Labels positive Effekte zu erzielen», sagt Philipp Müller vom Institut für Medien- und Kommunikationswissenschaft der Universität Mannheim, der selber nicht an der Studie beteiligt war. Hierin bestehe nun allerdings auch die Krux. Denn im Rahmen der vorliegenden Studie wurden die Teilnehmenden aktiv dazu angeregt, Newsguard zu nutzen. «Ausserhalb dieses Studien-Settings müssten sie von sich aus dazu bewegt werden. Dass der Service von Newsguard inzwischen kostenpflichtig ist, hilft jedoch sicher nicht dabei, diejenigen Zielgruppen zu erreichen, die viele dubiose Nachrichtenquellen nutzen», meint Müller.

Trotz der ermutigenden Studienergebnissen stellt er letztendlich infrage, ob ein Angebot wie Newsguard ausserhalb einer Experimentalstudie breitenwirksam positive Effekte auf die Auswahl vertrauenswürdiger Nachrichtenquellen haben könnte. Oder anders ausgedrückt: die Suche nach einem geeigneten Mittel gegen Falschinformationen geht also weiter.

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