Das musst du wissen

  • Seit 1901 werden die Nobelpreise für Medizin, Physik, Chemie, Literatur, Friedensbemühungen und Ökonomie verliehen.
  • Die Schweiz zählt 30 Nobelpreisträger – zwei davon sind dieses Jahr hinzugekommen.
  • Über den Sinn und Unsinn der Preise sind sich Wissenschaftler wie Publikum uneins.

Die Nobelpreise sind diese Woche vergeben worden – unter den Glücklichen sind sogar zwei Schweizer Forscher. Damit hat die Schweiz nun 30 Nobelpreisträger seit der Schaffung des Preises im Jahr 1901. Die beiden Schweizer Gewinner, Michel Mayor und Didier Queloz, entdeckten 1995 den ersten extrasolaren Planeten, der um einen sonnenähnlichen Stern kreist. Sie wurden von dem Preis überrascht: «Ich war inmitten einer Sitzung mit Kollegen, als ich den Anruf bekam, und dann hörte ich auf, zu atmen», sagte Queloz im offiziellen Interview. Und dann ging plötzlich alles ganz schnell: Interview nach Interview geben die Forscher. Sie sprechen mit Journalisten aus der ganzen Welt.

Doch was bleibt davon? Wie verändert sich das Leben, wenn der Nobelpreis erst einmal in der Tasche ist? «Es hat sich nichts geändert», sagt der Immunologe Rolf Zinkernagel im Gespräch. Er gewann 1996 zusammen mit dem australischen Veterinärmediziner Peter Doherty den Nobelpreis für Medizin. Die beiden hatten in den 70er-Jahren herausgefunden, wie das Immunsystem von Viren befallene Körperzellen erkennt.

Die Entdeckung war zum Zeitpunkt der Verleihung über 20 Jahre her – wie bei den meisten Preisträgern. «Wegen einem Nobelpreis ändert man sich nicht plötzlich.» Weder habe er einen neuen Posten angenommen, noch mehr Forschungsgelder bekommen. Man solle sich keine Illusionen machen: «Der Nobelpreis ist zum grossen Teil Glückssache.» Es gebe viel mehr bahnbrechende Forschung als Nobelpreise zu gewinnen – nicht jeder könne einen Preis gewinnen. «Als Nobelpreisträger ist man wie ein Filmstar: Ein paar Tage im Rampenlicht. Danach ist das Interesse vorbei», sagt Zinkernagel ohne jede Bitterkeit. Und das Preisgeld? Mit einem Teil habe er die Hypothek seines Hauses abbezahlt, den anderen Teil seinem Labor gewidmet. Denn: «Das grösste Problem der Forschung ist die Finanzierung.»

Nicht an allen Nobelpreisträgern aber ging die Verleihung so spurlos vorbei. Der Amerikaner Harold Varmus, der Nobelpreisträger für Medizin von 1989, sagte einem Journalisten des amerikanischen Newsportals SF Gate: «Mein Leben veränderte sich dramatisch. Von einem normalen akademischen Wissenschaftler wurde ich plötzlich zu einem Anführer und obwohl ich nie in nationale Angelegenheiten involviert war, fand ich mich selber in Sitzungen mit der Regierung wieder.» Manch einen Preisträger verschlägt es durch den Preis auf Abwege – und damit weg von der Forschung. «Manchmal denke ich, ich wäre glücklicher geworden, wenn ich den Preis nicht gewonnen hätte», sagte Harry Kroto dem Guardian. Er hatte 1996 den Nobelpreis für Chemie ergattert und findet seither für die Forschung keine Zeit mehr.

Der Sinn des Preises wurde in seiner über 100-jährigen Geschichte immer wieder hinterfragt. Schon 1967 fragte ein Essay im Fachmagazin New Scientist: «Wofür sind Nobelpreise gut?». Und zwei Jahre später erwog der Mediziner Max Delbrück, den Preis gar nicht erst anzunehmen, weil er ihn sinnlos und ablenkend fand. Er akzeptierte ihn schliesslich – und spendete das Preisgeld Amnesty International.

Der Nobelpreis ist der wissenschaftliche Ritterschlag – ein Garant für ewigen Ruhm ist er nicht. Ein Beispiel ist die Vergabe von 1912: Der heute weltberühmte Physiker Max Planck bekam den Preis damals nicht. Ausgestochen wurde er vom heute unbekannten Schweden Nils Dalén. Dieser hatte das Leuchtsystem von Leuchttürmen revolutioniert.

Diesen Beitrag teilen
Unterstütze uns

regelmässige Spende